Klein: Alles Zufall (2010)

„Sich mit dem Zufall zu beschäftigen lehrt Bescheidenheit.“ (S.146)


Inhalt: Oberflächlich betrachtet sehen wir im Zufall die Dinge die wir uns nicht erklären können: „Unserem Wesen entspricht es, zielgerichtet zu denken und zu handeln; wir können und wollen nicht glauben, dass sich das Universum so offenkundig sinnlos verhält.“ (S.24) Mit dieser Monografie ist dem Autor eine umfassende Darstellung des Themas ‚Zufall’ gelungen. Es wird klar, dass Zufall kein so einfaches Phänomen ist. Wir erleben Überraschungen (aka Zufälle) nur, „weil unsere Intelligenz nicht breit genug ist, um den Plan der Welt in all seinen Einzelheiten zu verstehen.“ (S.48). Anders gesagt, Zufälle gäbe es nicht, würden wir die Welt, alle Zusammenhänge und alle Einzelheiten bis ins Detail verstehen. Und je weiter wir uns von der Gegenwart Richtung Zukunft entfernen desto wahrscheinlicher ist das Auftreten von Zufällen. Ausflüge in die Physik und Psychologie machen das Buch besonders lesenswert. Unser Hirn macht uns oft einen Strich durch unsere ‚zufallsfreie’ Welt. „Was wir uns besser ausmalen können, erscheint uns wahrscheinlicher.“ (S.207)
Diskussion: Zusammenfassend lässt sich sagen: „Je komplizierter die Welt wird, die wir uns schaffen, desto schwerer können wir deshalb die Folgen unseres Tuns voraussehen…“ (S.278)
Neues braucht Irritation und Experimente sind oft wichtiger als Effizienz (Kap. 16) Ein wirklich kluges Buch!
Bewertung: 5 von 5

Klausnitzer: Das Ende des Zufalls (2013)

„Zufall als Erklärungsnotstand, aber nicht als Weltenprinzip“ (S.19) 


Inhalt: Es gab Zeiten, da wurde dem Computer prophezeit, man könne nun die Zukunft berechnen, es wurden Modelle entwickelt und es wurde viel gerechnet. Aber irgendwann setzte sich die Erkenntnis durch, dass man die Zukunft eben nicht so einfach berechnen kann (obwohl die Volkswirtschaftler es immer noch nicht glauben wollen und regelmäßig scheitern!). Später kamen dann noch Kybernetik und dann auch die Neurowissenschaften/Neuromarketing. Immer das gleiche Muster: Jetzt endlich gelingt es uns, die Zukunft ist vorhersagbar. Regelmäßig kommt dann nach dem Hype die Ernüchterung. Bei Big Data wird es wohl ähnlich sein. Noch sind die Erwartungen groß, dass es Big Data nun richten wird. Aber was ist dran an dem Hype? Das Buch folgt dem Hype, liefert jedoch enttäuschend wenig Substanz zu einer Diskussion und Aufklärung (immerhin zeigt Klaunitzer, dass das Thema noch wenig verstanden wird und das sich noch viel ändern wird. Das ist gut!)
Diskussion: Trotz der vielen Literaturquellen hatte ich jedoch oft das Gefühl hier schreibt ein Medienprofi, der vom Thema aber wenig versteht. Das geht schon beim Thema ‚Zufall‘ los: Richtig ist, dass Einstein an Braun schrieb er glaube nicht dass der Alte würfele. Leider irrte sich Einstein (und das räumte er später auch ein!), aber das wird gar nicht erwähnt. Fakt ist, der Zufall ist ein wichtiger Bestandteil der Physik/Quantenmechanik/Naturwissenschaft (Bsp: Schrödingers Katze). Zufall ist weit mehr als der Rest des nicht Erklärbaren! Es gibt gute Bücher, die den Zufall nicht als Über sondern als Segen darstellen (Stefan Klein: Alles Zufall).
Fasst man den Begriff des Zufalls weiter als die recht eindimensionale Sicht im Buch, stellt man schnell fest, dass Big Data immer auf Daten aus der Vergangenheit zurück greift. Das zwar immer besser, aber daraus abzuleiten, dass nun die Zukunft vorhersagbar wird, erscheint mir recht naiv. Man vernachlässigt alles Neue und glaubt, einfache Dichotomien (Durst-trinken, Sex-schwanger, müde-schlafen) reichen für ein ‚vorhersagbares Leben‘.
Das Buch sollte man mit Vorsicht ‚genießen‘ Schön zu lesen aber zu plakativ.
Bewertung: 2 von 5

Weinberger: Too big to know (2013)

Inhalt: Die Welt ändert sich und das Wissen über die Welt verändert sich auch. Weinberger geht diesen veränderten Zugängen zu Wissen nach. Zwar erfahren wir alle den veränderten Umgang mit Wissen tagtäglich aber der Autor meint, dass sich dadurch auch das Wissen selber und das Denken ändert (hier grätscht Carr mit Shallow rein). Anders als Carr verliert sich Weinberger jedoch nicht in der Kritik über den neuen Zustand, nein, er vergleicht, stellt fest, sucht Analogien und beschreibt vor allem: Immer wieder weist er darauf hin, dass das (verfügbare und genutzte) Wissen viel zu umfangreich, als das man es als Person oder Institution erfassen geschweige denn verarbeiten könnte. Da ist (war) zum einen das Leitmedium BUCH, hier haben Filter (Selektion in Verlag und Bücherei z.B.) für eine Überschaubarkeit gesorgt und führte zur angestrebten. Reduktion: Wir reduzieren das Wissen einfach auf ein Niveau, mit dem unsere Gehirne und unsere Technologien fertig werden können“ (S.152)Das neue Leitmedium wird (ist) nun das Internet, die Filter sind anders als bei Büchern. Die Komplexität und die Vielfalt schlägt voll durch und „Es sieht so aus, als würde uns Vielfalt nur so lange gefallen, bis wir ihr wirklich ins Auge sehen.“ (S.93)
Diskussion: Ein gutes Buch, es wirft mehr Fragen auf als es beantworten kann. Es ist ein kompliziertes Thema was durch viele Unsicherheiten geprägt ist. Es gibt viel Gelegenheit zum Nachdenken. Gerade Organisationen, wo noch das Leitmedium Powerpoint vorherrscht, könnten hier jede Menge lernen!
Bewertung: 4 von 5

Govindarajan, Trimble: Reverse Innovation (2012)

Inhalt: Nicht erst seit Prahalads ,The Bottom of the Pyramid` weiß man, dass die Märkte in aufstrebenden Ländern zahlenmäßig und auch wertmäßig wesentlich größer als die Heimatmärkte der etablierten Industriegiganten sind.
Es erscheint insofern einleuchtend, dass Innovationen nicht nur in den Industrieländern entstehen und von dort in den Rest der Welt exportiert werden, sondern dass sie überall entstehen können und auch überall zur Anwendung kommen können. Das Erstaunen über die Innovationsfähigkeit in Emerging Markets wirkt fast naiv, wie sonst ist es zu erklären, dass sich Industrieunternehmen so schwer tun mit dem Thema ,Reverse Innovation`. Es gibt zahllose Beispiele für das Scheitern des traditionellen ,Innovations-Exports` aber auch positive Beispiele für erfolgreiches innovieren fern der Heimat und der erfolgreichen Vermarktung im Heimatland.
Diskussion: Die Autoren identifizieren 5 Gaps( ) die es zu beachten gilt, will man erfolgreich in der Ferne innovieren und stellen ein Modell zur Einschätzung der Reverse Innovation Fähigkeit vor. Darüber hinaus gibt es jede Menge Hinweise und Vorschläge (z.B. LGT – local growth team, die die Wertschöpfung vor Ort organisieren) für die Anwendung. Es ist ein starkes Plädoyer für Reverse Innovation und es ist überzeugend.
Bewertung: 5 von 5

Gunter Dueck: Das Neue und seine Feinde (2013)

Inhalt: Deming sagte einmal: “It is not necessary to change. Survival is not mandatory.” Wie schwierig es tatsächlich ist, darum gehts im Buch. Die Grundthese: Innovationen und deren Durchsetzung sind extrem schwierig, die Idee allein reicht nicht. Damit unterscheidet sich das Werk schon vom Großteil der Innovationsliteratur (a la … mit dem richtigen Prozess und der richtigen Methode klappt es schon) Dueck setzt sich mit den oftmals naiven Vorstellungen über das Management von Innovationen auseinander.
Das Neue hat tatsächlich viele Feinde. Das Neue ist ja nicht per se gut bzw. besser (Gen-Food ist zwar neu aber ist es auch besser?). Zweifel sind angebracht. Ein Ringen des Neuen mit dem Bestehenden ist insofern natürlich, gewollt und auch logisch (Evolution, das Bessere setzt sich durch). Nur – und hier spürt man die Erfahrung des Autors– es ist ein ungleiches Spiel. Er beschreibt ausführlich die Feinde und die Blockaden bei der Durchsetzung des Neuen.
Diskussion: Manager, Organisationen, Systeme und Prozesse bilden eine Art Immunsystem, welches am ‚Alten‘ hängt und das Neue wie Eindringlinge bekämpft.
„Worauf aber kommt es an bei Innovationen an? ‚Auf den, der sie mit Herzblutenergie vorantreibt.‘“ (S.11)
Das Management möchte der Beliebigkeit und dem Chaos bei der Entstehung von Innovationen durch Prozesse und Methodik begegnen. Das ist jedoch eine Illusion, wie Dueck hervorragend darstellt.„Alles, was getan werden kann, kann durch Management noch besser getan werden…Nichts darf nicht gemanagt werden“ (S.130/131). Jedoch: der Innovationsprozess führt fast nie zu Innovationen. Das bedeutet, Innovationen bräuchten andere Methoden und Instrumente als das klassische Vorgehen.
Das Buch ist kein Ratgeber – will es auch gar nicht sein. Und dennoch lernt man recht viel. Hervorragendes Innovationsbuch, es lässt sich sehr gut lesen.
Bewertung: 5 von 5

Arthur: The Nature of Technology (2009)

Inhalt: Technologien entstehen nicht einfach so. Es gibt eine zugrunde liegende Logik, die der Autor vorstellt und zu einer Theorie weiterentwickelt. Er geht der Frage nach, was genau ist es, was zu neuen Technologien führt. Wo die meisten Innovationsratgeber allgemein von Ideen sprechen und es im Wesentlichen um die Auswahl der attraktivsten Ideen geht, geht Arthur einen Schritt weiter. Er traut sich zu fragen, wie die ersten Schritte von Innovationen entstehen und vermeidet aber, in die Kreativitätstechnik-Schiene abzugleiten.
Diskussion: Eine intelligente Analyse der vielfältigen Wege der Technologie-Evolution: ‚The Nature of Technology‘. Jeder Innovationsmanager kann hiervon lernen. Arthur schreibt sehr verständlich und lässt Raum für eigene Gedanken. Ein Geheimtipp!
Bewertung: 5 von 5

Fenn & Raskino: Mastering the Hype-Cycle (2008)

Inhalt: Wie sich Innovationen in Märkten und bei Kunden durchsetzen, versucht das Buch anhand des von Gartner favorisierten Hype-Cycle Modells zu erklären. Im Teil 1 wird der Hype-Cycle beschrieben. Das Innovative daran ist, dass die Aufmerksamkeit gegenüber der Neuerung über Emotionen und Dynamik der Massen erklärt wird. Im zweiten Teil wird der STREET Prozess vorgestellt. Damit soll es gelingen, den Hype-Cycle zu ‚bezwingen‘. Enttäuschend daran ist zum einen, dass man davon ausgeht, dass man lediglich Entwicklungen zu beobachten braucht und dann ggf. auf den Zug aufspringt. Die eigene Innovationskraft wird nicht mal ansatzweise betrachtet. Zum anderen ist es irritierend, dass der Hype-Cycle – mit dem man ohne Frage bestimmte technische Entwicklungen analysieren kann – zur Erklärung jeglicher Entwicklungen heran gezogen wird. Etwas gestreckt oder gestaucht und man kann fast alles damit erklären. Zur Vorhersage ist es jedoch nicht geeignet – auch wenn es die Autoren behaupten.
Diskussion: Mit dem Hype-Cycle lassen sich Entwicklungen erklären, aber es ist kein Allheilmittel. Innovativer erster Teil, enttäuschender zweiter Teil.
Bewertung: 3 von 5

Moore: Dealing with Darwin (2005)

Inhalt: Der Umschlag eines Buches ist immer ein Versprechen des Autors an den Leser. Der Titel ‚Dealing with Darwin‘ zusammen mit einer Abbildung eines Tyrannosaurus Rex lenkt die Aufmerksamkeit unweigerlich in Richtung Evolutionstheorie. Diese besagt nun – knapp formuliert – dass sich durch Rekombination und Selektion langfristig das Beste, Robusteste und Fitteste durchsetzt. Innovationen kann man unter diesem Blickwinkel als Treiber für wirtschaftlichen und technischen Fortschritt verstehen. Der Autor reduziert das Konzept der Evolution auf ein Reifegradmodell. Beim Lesen bekommt man den Eindruck, Innovationen und damit die Wettbewerbsvorteile sind lediglich eine Frage der Einordnung in das vorgestellte Kategorisierungssystem und lässt sich auf ein einfaches Entscheidungsproblem reduzieren. Das ist naives Innovationsmanagement.
Diskussion: Der Erkenntnisgewinn des Buches ist recht mager. Die angegebenen Beispiele sind zum Teil veraltet (Ist SUN tatsächlich noch Innovationsführer?) Cisco gilt zweifellos als innovativ aber ob es an Darwin liegt, bleibt fraglich.
Das Buch ist zum Teil schwer zu lesen, obwohl die Aussagen zum Teil recht simpel sind. Die Kernaussage ‚Extract resources from context to fund core‘ ist so eine unverständliche Formulierung.
Fazit: Das Versprechen des Umschlages nur teilweise erfüllt werden. Einfacher Inhalt kompliziert verpackt.
Bewertung: 2 von 5

Jewkes, Sawers & Stillerman: Sources of Innovation (1969)

Inhalt: Die Autoren untersuchen in dem Aufsatz die Gründe und Konsequenzen von industriellen Innovationen. 61 Erfindungen werden beschrieben und analysiert. Die Ergebnisse und die Ableitungen sind in der Tat verblüffend. Die Rolle des individuellen Erfinders wird gewürdigt, jedoch prognostiziert, dass institutionelle R&D Organisationen in Zukunft (also heute) systematisch erfinden werden. Die Erfindungstätigkeit wird nachlassen – so die Autoren.
Diskussion: Die zweite Auflage des Buches ist von 1969! Das ist erstaunlich, da die Erkenntnisse z.T. hoch aktuell sind und einige der modernen Innovationsmanagement Kochbücher in den Schatten stellen. Ein MUSS für alle Innovations-Fans und ernsthaft Interessierte!
Bewertung: 5 von 5

Gassmann & Kobe: Management von Innovationen und Risiko (2006)

Inhalt: Das Buch ist eine Aufsatzsammlung von 23 Kapiteln – gegliedert in 6 Abschnitte:
I  Einleitung
II Strategisches Risikomanagement
III Risikomanagement im Innovationsprozess
IV Steuerung risikoreicher Innovationsprojekte
V  Frühaufklärung zur Erkennung von Risiken
VI Management externer Risiken
Diskussion: Wer jetzt glaubt, mit dem Buch seien die Risiken seiner Innovationsprojekte beherrschbar oder man kann gar Quantensprünge in der Entwicklung erfolgreich managen (so der Untertitel, Quantensprünge bedeuten übrigens eine kleinstmögliche Zustandsänderung – jedenfalls in der Physik. Solche Begriffe sollten dann auch richtig verwendet werden)‘, wird enttäuscht sein. Das Buch endet ganau dann, wenn es spannend wird: Die Aufsätze des Buches basieren auf zwei Annahmen: 1. dass man Innovationen managen kann und 2. dass man das damit verbundene Risiko managen kann. Beide sind gewagt!
Neuerungen zeichnen sich immer durch Risiko und Unsicherheit aus. Als Risiko bezeichnet man den Anteil, der mit Wahrscheinlichkeiten bewertet werden kann. Gerade bei radikalen Innovationen überwiegen die Ungewissheiten und Unsicherheiten. Diese Bestandteile umfassen die Bereiche, die man noch gar nicht richtig artikulieren kann (Bsp.: Wie sieht das dominante Design aus, dass sich bei E-Cars durchsetzen wird?) Wer davon ausgeht, dass man alle Unsicherheiten als Risiken internalisieren kann, ist naiv. Oder provokanter formuliert, wenn man bei einem Innovationsprojekt alle Risiken quantifizieren kann, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine ‚Mickey-Maus-Innovation‘. Wenig überzeugend.
Bewertung: 2 von 5