Jaworski / Zurlino: Innovationskultur (2006)

Inhalt: Die Innovationskultur ist eines der wenigen Unternehmensmerkmale welches extrem schwer kopierbar ist. Sie umfasst – als Bestandteil der Unternehmenskultur – Normen, Wertvorstellungen und Denkhaltungen bzgl. des Innovationsgeschehens und der beteiligten Personen(S. 25). Das ist soweit einleuchtend und bis dahin kann man den Beobachtungen und Ausführungen uneingeschränkt zustimmen.
In der Praxis ist es jedoch oft so, dass die Innovationskultur irgendwie entsteht oder eben nicht (da in der Regel andere messbare Regelgrößen für das Management von höherer Bedeutung sind). Man kann weder Innovationen noch die Innovationskultur noch die Innovationsfähigkeit einer Organisation ,von oben` verordnen, wobei die Innovationskultur sowieso oft nur als das Randthema bei Innovationsbemühungen gesehen wird.
Diskussion: Leider kann das Buch genau an dem kritischen Punkt zwischen Organisation-Innovation-Kultur wenig Hilfreiches beitragen: Ratschläge wie ,Informelle Netzwerke fördern` sind bspw. gut gemeint aber scheitern an der Incentivierung und Leistungsbeurteilung in Organisationen. Was da für ,Weisheiten` von den Unternehmen eingestreut werden, ist erstaunlich. Da ist Vieles dabei, was aus den Buzzword-Produktionen der Stabsstellen kommt. Es klingt wahnsinnig toll, aber man ahnt schon, dass da wenig Substanz dahinter ist. Nur als Beispiel: Wir versuchen geschäftsübergreifend und branchenübergreifend radikale Innovationen zu initiieren.[…] Wenn man da tiefer in die Themen einsteigt, findet man technologische Gemeinsamkeiten. Wenn man die bereits zu Anfang eines Prozesses formuliert, führt das zu Synergien. […] usw. so geht das dahin. Wie werden durch Synergien radikale Innovationen initiiert? Man bleibt ratlos zurück. Ebenso wie bspw. folgende Behauptung International zusammengestellte Teams potenzieren die Chancen für eine erfolgreiche Umsetzung von Innovationsideen in marktfähige Produkte.“ (S.66) Stimmt das? Sind es nicht interdisziplinäre Teams die vielfältigere Ideen haben? Aber steigen die Chancen auf Umsetzung dadurch? Ich bezweifle das, ebenso dass man das Innovationsgeschehen ,auf Knopfdruck` parat haben kann – das sind Managementmärchen.
Die Bedeutung von Innovationkultur ist enorm und die Herausarbeitung der Bedeutung ist gut gelungen, aber die Darstellung – auch in Zusammenhang mit den befragten Unternehmen – ist nicht überzeugend.
Bewertung: 3 von 5

Keeley et al: Ten Types of Innovation (2013)

„What most organizations need is discipline, not more creative ideas“ (S.193). Das ist eine Behauptung, die so ersteinmal nicht haltbar ist, wie so einiges im Buch. Aber der Reihe nach:

Inhalt: Die Grundidee des Buches ist recht einfach. Man zerlegt den Geschäftsablauf in die Bestandteile und versucht sich dann dort mit Innovationen. Bemerkenswert finde ich dabei die Aussage, dass es um mehr geht als das Produkt! (Wer an der Stelle beeindruckt ist, für den ist das Buch sicher eine Bereicherung, ansonsten sollte man nicht allzu viel Neues erwarten). 1998 kam man auf die Idee, eine Art Periodensystem für Innovationen zu erstellen und seitdem wird das wohl verfeinert. Das Konzept ist sicher gut geeignet, um damit die Innovationsbemühungen der Organisation zu hinterfragen. Es bleibt jedoch Wunschdenken, damit dann ,Breakthroughs` konstruieren zu können. Viele gute Beispiele (mehr oder weniger bekannt) sind an entsprechenden Stellen eingefügt und sollen die Thesen unterstützen.
Diskussion: Wer den Verdacht hat, es gäbe eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Buch Osterwalder&Pigneur: Business Model Generation, dem kann ich versichern, die Ähnlichkeit beschränkt sich nicht nur auf das Format (die beiden Bücher sind vom Format her quasi identisch, sogar die Seitenzahl bis auf 20 Seiten).
Während sich Osterwalder&Pigneur von vornherein auf die Analyse (und die Innovation) des Geschäftsmodells fokussieren, starten Keeley etal mit der Erkenntnis, dass Innovationen nicht nur auf das Produkt zu beschränken sind, sondern auf weitere Bereiche auszudehnen sind. Sie nennen es ,Ten Types`.
Auch hier wieder eine verblüffende Ähnlichkeit zum Original:

Analyse Business Model nach Osterwalder&Pigneur(9 `Building Blocks‘):
Key Activities, Key Partners, Key Resources, Cost Structure, Customer Relationships, Customer Segments, Value Propositions, Channels, Revenue Streams

Ten Types of Innovations (10 `Types‘):
Profit Model, Network, Structure, Process, Product Performance, Product System, Service, Channel, Brand, Customer Engagement

Die `Ten Types‘ sind ein Analysewerkzeug für die Aktivitäten. Ob es der Organisation hilft, innovativer zu werden, kann man bezweifeln. Es sind auch einige Aussagen im Text, die fragwürdig erscheinen: ,Innovations can be broken down and analyzed,` (S.XX) ,…effective firms use rigorous protocols, with clear phases, methods, and tools, to help teams pursue bold innovation with discipline` (S.204); , … breakthrough innovations must be measured in different ways. Use combination of input and output metrics, and leading and lagging indicators.‘ (S.207); (An der Stelle beschlich mich dann der Verdacht, dass die Autoren doch nicht so viel Erfahrung mit ,breakthroughs` haben wie behauptet. Der Hinweis, etwas anders zu machen ohne zu verraten was, ist nicht gerade überzeugend.
Zusammenfassend kann man sagen, es ist ein weiterer Versuch, Innovationen zu systematisieren und damit quasi alle und jeden zu befähigen, innovativ zu sein. Bis zu einem gewissen Grad geht das sicherlich. Aber selbst wenn man genau analysiert, wie Michelangelo oder Picasso gezeichnet haben, kann man nicht davon ausgehen, dass es dafür ausreicht auch ein großer Künstler zu werden. Für außergewöhnliche Innovationen (Breakthroughs) braucht es einiges mehr!
Bewertung: 3 von 5