Bynum: Die kürzeste Geschichte der Wissenschaft (2014)

 „Und diese Neugier ist die Triebkraft der Wissenschaft.“ (S.10)

Inhalt: Ob es wirklich die kürzeste Geschichte der Wissenschaft ist, sei dahin gestellt, aber es ist sicher einer der schönsten und gelungensten. Der Mensch ist neugierig und versucht seit jeher zu verstehen, was und vor allem warum da so in unserer Umwelt passiert. Bynum nimmt uns mit auf einen Streifzug – beginnend in der Antike – über die Entwicklung der Erkenntnisse und der wissenschaftlichen Methodik.
Diskussion: Neben den vielen spannenden Geschichten und Details in den unterschiedlichen Fachgebieten (Medizin, Physik, Mathematik, Astronomie, Biologie, Chemie …) sind es besonders zwei Dinge, die mir sehr gefallen haben:

Zum einen verweist der Autor mehrfach daraufhin, dass Wissenschaft KEINE lineare Veranstaltung ist, bei der man ein Ziel vorgibt und es dann abarbeitet, sondern: „Aber so ist es in der Wissenschaft häufig: Die vielen verschiedenen Puzzleteilchen fügen sich erst nach langer Zeit zusammen, und erst dann ergeben die Dinge plötzlich einen Sinn.“ (S.165) .
Zum anderen sind die fachlichen Erkenntnisse zwar in 40 Kapitel gegliedert, aber die Zusammenhänge sind das eigentlich Spannende. „Doch genauso funktioniert Wissenschaft. Kein Gebiet der Wissenschaft ist ein geschlossenes Buch, das alle Antworten enthält. Galilei wusste das, wie es jeder moderne Wissenschaftler wissen sollte.“ (S.91). Da gelingt dem Autor, was weder Schule noch Hochschule schaffen: Verknüpfungen zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen herzustellen. Und das ist richtig gut.
Sicher könnte man über Detailfragen streiten, ob man bei Faraday nicht noch den Faradayschen Käfig erwähnen könnte und ob man bei den Computerpionieren nicht auch Zuse erwähnen sollte oder noch ein Kapitel zur Kommunikation … aber es sind Details. Das Buch kann man allen (Spezialisten)
empfehlen, die einen guten Überblick über die Entwicklung des wissenschaftlichen Fortschritts haben wollen und Zusammenhänge verstehen wollen.

Bewertung: 5 von 5

Pöppel: Dummheit: Warum wir heute nicht mehr die einfachsten Dinge wissen (2014)

„Der starke Glaube…die Welt durch Rationalität gestalten…zu können,hat zu…beängstigender Zukunftsblindheit geführt“(S.178)

Inhalt: Vieles an dem Buch hat mir gefallen, zunächst ist es ein spannendes Thema – ‚die Dummheit‘.
Jeder kann darunter etwas anderes verstehen und die Autoren schaffen hier nur begrenzt Klarheit durch die Unterscheidung ‚ehrliche und schlichte Dummheit und eine andere‘ (S.29). Hier hätte ich mir schon wesentlich mehr Tiefgang gewünscht: Die Frage ‚Was ist Dummheit‘ ist nicht trivial. Wir neigen schnell dazu, alles damit zu attribuieren, was uns zuwider ist. Leider mäandern die Autoren dann in alle möglichen Richtungen – Bildung, Erziehung, Wissenschaft, Wirtschaft sogar Beziehungstherapie wird nicht ausgespart. Das liest sich alles recht schön, aber man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass da ein Prof den Zeigefinger hebt und Ratschläge rundumschlägt. Fast peinlich wird es, wenn es um den Flughafen BER geht. Sicher ein ergiebiges Thema, aber indem man den einen Grund für das Desaster diagnostiziert, widerspricht man den eigenen Ratschlägen (‚Unser Gehi
rn ist nämlich gar nicht in der Lage, eine komplexe Situation vollständig zu erfassen. – S.189).

Sehr gut hingegen gefallen mir die Ausführungen zu Leadership und die neuen Anforderungen
im Zusammenspiel von Hierarchie und Hetterarchie (S.192). Und das Literaturverzeichnis ist sensationell!

Diskussion: Das Buch ist weder ein Ratgeber noch ein Fachbuch – es pendelt eigentlich immer hin und her und als Leser ist man gefordert mitzudenken: Die These, das Lesen dumm macht, ist recht mutig. Der Hinweis, man solle lieber eigene Erfahrungen machen erweist sich allein durch den Hinweis, dass nicht jeder in der Lage ist auf den Mond zu fliegen um dort selber mal aufzusetzen als dumm.
Nur durch das Lesen kann ich den eigenen Horizont extrem weiten. Auch wenn ich nicht mit allen Thesen einverstanden bin (Warum der Autor immer in der 3.Person von sich spricht? Keine Ahnung, jedenfalls klingt „Prof.Pöppel sagt…“ ziemlich doof), so kann ich das Buch doch empfehlen, schon weil es zum kritischen nachdenken einlädt.
Bewertung: 4 von 5

Achor: The Happiness Advantage (2011)

„Common sense is not common action.“ (S.146)

 

Inhalt: Glücklichsein ist das Ergebnis von harter Arbeit und dem daraus resultierenden Wohlstand. Diesen weit verbreiteten Dreiklang stellt der Autor in Frage und auf den Kopf. Am Anfang steht ‚Happiness’ und sie ist Ursache für bessere Leistung, mehr Erfolg, kreativer Ideen usw. – so die These des Autors. Und er fährt viele Geschütze auf, um seine Hypothese zu untermauern. Es überzeugt sogar, auch wenn die Rezepte (wer hätte es gedacht, es sind 7!) auf dem Weg zur ‚Happiness’ manchmal etwas konstruiert wirken (Priming Effekt!). Am Ende der Argumentation sollte zumindest nicht mehr dieses schwarz-weiß oder ‚entweder-oder’ stehen. Vielmehr liegt die Wahrheit – wie so oft – irgendwo zwischen den beiden Extrempunkten und im Idealfall befeuern sie sich sogar gegenseitig.
Diskussion: Traditionell betrachtet die Psychologie bevorzugt negative Ereignisse als Forschungsgegenstand (Depression, Essstörung, Abhängigkeiten etc) – mit einem 17-1 Ratio zu positiven Themen. Hier geht es also darum, Gutes (Happiness) zu verstärken statt Schwächen zu verhindern.
Wie der Autor darlegt, sollte aufgrund der vielen Studien, die es schon lange gibt und die es belegen, eigentlich klar sein, dass:
– … das Arbeitsumfeld wichtig für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen ist
– … Chefs und deren pos-neg Ratio eine wichtige Rolle für Innovationen spielen (negativ eingestellte Erbsenzähler und Kontroll- Freaks verhindern statt fördern Innovationen)
– Kreativität Freiräume erfordert und Fehler notwendig und nicht vermeidbar für Innovationen sind.
Insofern ist es verwunderlich, dass die eigene Erfahrung mit großen Organisationen oft das Gegenteil zeigt: trostlose Büros, selbstverliebte Erbsenzähler-Chefs und eine innovationsfeindliche Kultur prägen die Organisation. Ein enormes Potential für Veränderung und Verbesserung tut sich auf.
Zu empfehlen ist das Buch vor allem den vielen Innovationsmanagern, die sich wundern, warum das Unternehmen so wenig innovativ ist. Happiness mag ein Baustein sein.
Bewertung: 4 von 5

Klein: Alles Zufall (2010)

„Sich mit dem Zufall zu beschäftigen lehrt Bescheidenheit.“ (S.146)


Inhalt: Oberflächlich betrachtet sehen wir im Zufall die Dinge die wir uns nicht erklären können: „Unserem Wesen entspricht es, zielgerichtet zu denken und zu handeln; wir können und wollen nicht glauben, dass sich das Universum so offenkundig sinnlos verhält.“ (S.24) Mit dieser Monografie ist dem Autor eine umfassende Darstellung des Themas ‚Zufall’ gelungen. Es wird klar, dass Zufall kein so einfaches Phänomen ist. Wir erleben Überraschungen (aka Zufälle) nur, „weil unsere Intelligenz nicht breit genug ist, um den Plan der Welt in all seinen Einzelheiten zu verstehen.“ (S.48). Anders gesagt, Zufälle gäbe es nicht, würden wir die Welt, alle Zusammenhänge und alle Einzelheiten bis ins Detail verstehen. Und je weiter wir uns von der Gegenwart Richtung Zukunft entfernen desto wahrscheinlicher ist das Auftreten von Zufällen. Ausflüge in die Physik und Psychologie machen das Buch besonders lesenswert. Unser Hirn macht uns oft einen Strich durch unsere ‚zufallsfreie’ Welt. „Was wir uns besser ausmalen können, erscheint uns wahrscheinlicher.“ (S.207)
Diskussion: Zusammenfassend lässt sich sagen: „Je komplizierter die Welt wird, die wir uns schaffen, desto schwerer können wir deshalb die Folgen unseres Tuns voraussehen…“ (S.278)
Neues braucht Irritation und Experimente sind oft wichtiger als Effizienz (Kap. 16) Ein wirklich kluges Buch!
Bewertung: 5 von 5

Klausnitzer: Das Ende des Zufalls (2013)

„Zufall als Erklärungsnotstand, aber nicht als Weltenprinzip“ (S.19) 


Inhalt: Es gab Zeiten, da wurde dem Computer prophezeit, man könne nun die Zukunft berechnen, es wurden Modelle entwickelt und es wurde viel gerechnet. Aber irgendwann setzte sich die Erkenntnis durch, dass man die Zukunft eben nicht so einfach berechnen kann (obwohl die Volkswirtschaftler es immer noch nicht glauben wollen und regelmäßig scheitern!). Später kamen dann noch Kybernetik und dann auch die Neurowissenschaften/Neuromarketing. Immer das gleiche Muster: Jetzt endlich gelingt es uns, die Zukunft ist vorhersagbar. Regelmäßig kommt dann nach dem Hype die Ernüchterung. Bei Big Data wird es wohl ähnlich sein. Noch sind die Erwartungen groß, dass es Big Data nun richten wird. Aber was ist dran an dem Hype? Das Buch folgt dem Hype, liefert jedoch enttäuschend wenig Substanz zu einer Diskussion und Aufklärung (immerhin zeigt Klaunitzer, dass das Thema noch wenig verstanden wird und das sich noch viel ändern wird. Das ist gut!)
Diskussion: Trotz der vielen Literaturquellen hatte ich jedoch oft das Gefühl hier schreibt ein Medienprofi, der vom Thema aber wenig versteht. Das geht schon beim Thema ‚Zufall‘ los: Richtig ist, dass Einstein an Braun schrieb er glaube nicht dass der Alte würfele. Leider irrte sich Einstein (und das räumte er später auch ein!), aber das wird gar nicht erwähnt. Fakt ist, der Zufall ist ein wichtiger Bestandteil der Physik/Quantenmechanik/Naturwissenschaft (Bsp: Schrödingers Katze). Zufall ist weit mehr als der Rest des nicht Erklärbaren! Es gibt gute Bücher, die den Zufall nicht als Über sondern als Segen darstellen (Stefan Klein: Alles Zufall).
Fasst man den Begriff des Zufalls weiter als die recht eindimensionale Sicht im Buch, stellt man schnell fest, dass Big Data immer auf Daten aus der Vergangenheit zurück greift. Das zwar immer besser, aber daraus abzuleiten, dass nun die Zukunft vorhersagbar wird, erscheint mir recht naiv. Man vernachlässigt alles Neue und glaubt, einfache Dichotomien (Durst-trinken, Sex-schwanger, müde-schlafen) reichen für ein ‚vorhersagbares Leben‘.
Das Buch sollte man mit Vorsicht ‚genießen‘ Schön zu lesen aber zu plakativ.
Bewertung: 2 von 5

Debschitz: Fritz Kahn (2013)

Inhalt: Ein Meisterwerk! Den Autoren gelingt es mit dem Band sowohl biografisch das Leben des Fritz Kahn darzustellen als auch dessen Lebenswerk auf fast 400 Seiten zusammen zutragen und zu würdigen. Beides ist recht beeindruckend.
Fritz Kahn muss wohl nicht nur Arzt sondern darüber hinaus ein kluger und interessierter Mensch gewesen sein. Sein Bestreben war es, Wissen verständlich zu machen und er bediente sich dazu der Bildsprache in Kombination verschiedener Metaphern (sehr beliebt weil anschaulich zeigten sich Prozesse aus Industrie und Natur). Zweifelsfrei leistete er einen wichtigen Beitrag dazu, Kompliziertes einfach darzustellen und das in einer Zeit von Bauhaus und Weltkrieg – lange vor Apple und Co. Die Bandbreite seines Wirkens (vom Mensch, über Weltall bis zur Relativitätstheorie…)erinnert an da Vinci und es würde nicht wundern, wenn Filme wie ‚Die Reise ins ich‘ hier ihren Ursprung fanden.
Diskussion: Staunend sitzt man vor dem Buch und merkt recht schnell, es ist weniger zum Lesen geeignet, sondern eher zum entdecken und wundern und stundenlangen blättern (und ja, es sind seit dem neue Erkenntnisse dazu gekommen, aber auch der Blick in eine andere Zeit ist spanned).
Ein Wermutstropfen ist lediglich die Idee die Texte in englisch, französisch und deutsch zu liefern. Aber egal, wer Gefallen an Technik hat, am Verstehen und Entdecken von Zusammenhängen wird hier seine Freude haben (Wer weiß schon, dass der menschliche Körper in 40 Minuten 1 Meter Haarsubstanz produziert? S.198)
Bewertung: 5 von 5

Weinberger: Too big to know (2013)

Inhalt: Die Welt ändert sich und das Wissen über die Welt verändert sich auch. Weinberger geht diesen veränderten Zugängen zu Wissen nach. Zwar erfahren wir alle den veränderten Umgang mit Wissen tagtäglich aber der Autor meint, dass sich dadurch auch das Wissen selber und das Denken ändert (hier grätscht Carr mit Shallow rein). Anders als Carr verliert sich Weinberger jedoch nicht in der Kritik über den neuen Zustand, nein, er vergleicht, stellt fest, sucht Analogien und beschreibt vor allem: Immer wieder weist er darauf hin, dass das (verfügbare und genutzte) Wissen viel zu umfangreich, als das man es als Person oder Institution erfassen geschweige denn verarbeiten könnte. Da ist (war) zum einen das Leitmedium BUCH, hier haben Filter (Selektion in Verlag und Bücherei z.B.) für eine Überschaubarkeit gesorgt und führte zur angestrebten. Reduktion: Wir reduzieren das Wissen einfach auf ein Niveau, mit dem unsere Gehirne und unsere Technologien fertig werden können“ (S.152)Das neue Leitmedium wird (ist) nun das Internet, die Filter sind anders als bei Büchern. Die Komplexität und die Vielfalt schlägt voll durch und „Es sieht so aus, als würde uns Vielfalt nur so lange gefallen, bis wir ihr wirklich ins Auge sehen.“ (S.93)
Diskussion: Ein gutes Buch, es wirft mehr Fragen auf als es beantworten kann. Es ist ein kompliziertes Thema was durch viele Unsicherheiten geprägt ist. Es gibt viel Gelegenheit zum Nachdenken. Gerade Organisationen, wo noch das Leitmedium Powerpoint vorherrscht, könnten hier jede Menge lernen!
Bewertung: 4 von 5

Govindarajan, Trimble: Reverse Innovation (2012)

Inhalt: Nicht erst seit Prahalads ,The Bottom of the Pyramid` weiß man, dass die Märkte in aufstrebenden Ländern zahlenmäßig und auch wertmäßig wesentlich größer als die Heimatmärkte der etablierten Industriegiganten sind.
Es erscheint insofern einleuchtend, dass Innovationen nicht nur in den Industrieländern entstehen und von dort in den Rest der Welt exportiert werden, sondern dass sie überall entstehen können und auch überall zur Anwendung kommen können. Das Erstaunen über die Innovationsfähigkeit in Emerging Markets wirkt fast naiv, wie sonst ist es zu erklären, dass sich Industrieunternehmen so schwer tun mit dem Thema ,Reverse Innovation`. Es gibt zahllose Beispiele für das Scheitern des traditionellen ,Innovations-Exports` aber auch positive Beispiele für erfolgreiches innovieren fern der Heimat und der erfolgreichen Vermarktung im Heimatland.
Diskussion: Die Autoren identifizieren 5 Gaps( ) die es zu beachten gilt, will man erfolgreich in der Ferne innovieren und stellen ein Modell zur Einschätzung der Reverse Innovation Fähigkeit vor. Darüber hinaus gibt es jede Menge Hinweise und Vorschläge (z.B. LGT – local growth team, die die Wertschöpfung vor Ort organisieren) für die Anwendung. Es ist ein starkes Plädoyer für Reverse Innovation und es ist überzeugend.
Bewertung: 5 von 5

Bodell: Kill the Company (2012)

Inhalt: Viele Unternehmen tun sich mit der ‚schöpferischen Zerstörung‘ recht schwer und zwar sowohl mit dem Schöpferischen als auch mit der Zerstörung. Mit dem Buch von Lisa Bodell gibt es nun für den zweiten Teil recht gute Hinweise und Empfehlungen. Die Grundidee ist einfach aber brillant: Am Anfang steht die Zerstörung! Und nur wenn man sich zumindest gedanklich mal mit der Vorstellung des Firmenzusammenbruchs beschäftigt hat, kann man viel beherzter über die Neugestaltung sinnen.
Die vielen Ratschläge beziehen sich auf Workshops und Gruppenarbeiten. Hier werden sinnlose Regeln abgeschafft und überlegt, wie aus Sicht des Wettbewerbs die Firma angegriffen und zerstört werden kann. Das liest sich fast wie ein Abenteuerroman oder ein Krimi und ich denke viele der Ideen und Vorschläge sind sehr hilfreich (und wurden wohl schon oft ausprobiert, was die Autorin leider etwas zu oft betont)
Diskussion: Ein etwas anderes – und sehr gutes – Innovationsbuch! Die Initiative kommt aus dem Maschinenraum der Organisation. Hier ist die Sensibilität gegenüber Stärken und Schwächen des Unternehmens in der Regel auch viel höher als an der Spitze des Unternehmens. Gewünscht hätte ich mir etwas mehr Raum und ein paar mehr Gedanken, wie die guten Ideen aus dem Maschinenraum auch auf die Kommandobrücke kommen, damit auch in den Chefetagen die Wachstumsträume mal von Nah-tod-erlebnissen unterbrochen werden können.
Bewertung: 5 von 5

Jaworski: Innovationskultur. Vom Leidensdruck zur Leidenschaft (2009)

Inhalt: Die Innovationskultur ist eines der wenigen Unternehmensmerkmale welches extrem schwer kopierbar ist. Sie umfasst – als Bestandteil der Unternehmenskultur – Normen, Wertvorstellungen und Denkhaltungen bzgl. des Innovationsgeschehens und der beteiligten Personen(S. 25). Das ist soweit einleuchtend und bis dahin kann man den Beobachtungen und Ausführungen uneingeschränkt zustimmen.
Leider ist es jedoch in der Praxis so, dass die Innovationskultur irgendwie entsteht oder eben nicht (da in der Regel andere messbare Regelgrößen für das Management von höherer Bedeutung sind). Man kann weder Innovationen noch die Innovationskultur noch die Innovationsfähigkeit einer Organisation ,von oben` verordnen, wobei die Innovationskultur sowieso oft nur als das Randthema bei Innovationsbemühungen gesehen wird.
Diskussion: Leider kann das Buch genau an dem kritischen Punkt zwischen Organisation-Innovation-Kultur wenig Hilfreiches beitragen: Ratschläge wie ,Informelle Netzwerke fördern` sind bspw. gut gemeint aber scheitern an der Incentivierung und Leistungsbeurteilung in Organisationen. Was da für ,Weisheiten` von den Unternehmen eingestreut werden, ist erstaunlich. Da ist Vieles dabei, was aus den Buzzword-Produktionen der Stabsstellen kommt. Es klingt wahnsinnig toll, aber man ahnt schon, dass da wenig Substanz dahinter ist. Nur als Beispiel: Wir versuchen geschäftsübergreifend und branchenübergreifend radikale Innovationen zu initiieren.[…] Wenn man da tiefer in die Themen einsteigt, findet man technologische Gemeinsamkeiten. Wenn man die bereits zu Anfang eines Prozesses formuliert, führt das zu Synergien. […] usw. so geht das dahin. Wie werden durch Synergien radikale Innovationen initiiert? Man bleibt ratlos zurück. Ebenso wie bspw. folgende Behauptung International zusammengestellte Teams potenzieren die Chancen für eine erfolgreiche Umsetzung von Innovationsideen in marktfähige Produkte.“ (S.66) Stimmt das? Sind es nicht interdisziplinäre Teams die vielfältigere Ideen haben? Aber steigen die Chancen auf Umsetzung dadurch? Ich bezweifle das, ebenso dass man das Innovationsgeschehen ,auf Knopfdruck` parat haben kann – das sind Managementmärchen.
Die Bedeutung von Innovationkultur ist enorm und die Herausarbeitung der Bedeutung ist gut gelungen, aber die Darstellung – auch in Zusammenhang mit den befragten Unternehmen – ist nicht überzeugend.
Bewertung: 3 von 5