Gunter Dueck: Das Neue und seine Feinde (2013)

Inhalt: Deming sagte einmal: “It is not necessary to change. Survival is not mandatory.” Wie schwierig es tatsächlich ist, darum gehts im Buch. Die Grundthese: Innovationen und deren Durchsetzung sind extrem schwierig, die Idee allein reicht nicht. Damit unterscheidet sich das Werk schon vom Großteil der Innovationsliteratur (a la … mit dem richtigen Prozess und der richtigen Methode klappt es schon) Dueck setzt sich mit den oftmals naiven Vorstellungen über das Management von Innovationen auseinander.
Das Neue hat tatsächlich viele Feinde. Das Neue ist ja nicht per se gut bzw. besser (Gen-Food ist zwar neu aber ist es auch besser?). Zweifel sind angebracht. Ein Ringen des Neuen mit dem Bestehenden ist insofern natürlich, gewollt und auch logisch (Evolution, das Bessere setzt sich durch). Nur – und hier spürt man die Erfahrung des Autors– es ist ein ungleiches Spiel. Er beschreibt ausführlich die Feinde und die Blockaden bei der Durchsetzung des Neuen.
Diskussion: Manager, Organisationen, Systeme und Prozesse bilden eine Art Immunsystem, welches am ‚Alten‘ hängt und das Neue wie Eindringlinge bekämpft.
„Worauf aber kommt es an bei Innovationen an? ‚Auf den, der sie mit Herzblutenergie vorantreibt.‘“ (S.11)
Das Management möchte der Beliebigkeit und dem Chaos bei der Entstehung von Innovationen durch Prozesse und Methodik begegnen. Das ist jedoch eine Illusion, wie Dueck hervorragend darstellt.„Alles, was getan werden kann, kann durch Management noch besser getan werden…Nichts darf nicht gemanagt werden“ (S.130/131). Jedoch: der Innovationsprozess führt fast nie zu Innovationen. Das bedeutet, Innovationen bräuchten andere Methoden und Instrumente als das klassische Vorgehen.
Das Buch ist kein Ratgeber – will es auch gar nicht sein. Und dennoch lernt man recht viel. Hervorragendes Innovationsbuch, es lässt sich sehr gut lesen.
Bewertung: 5 von 5

Harford: Adapt. Why success always starts with Failure (2011)

Inhalt: Märkte funktionieren so ähnlich wie die Evolution, zumindest gibt es Mechanismen wie Variation, Selektion und Retention. Dadurch ergibt sich ein bestimmtes Maß an Ungewissheit für Organisationen. Bei aller Planungssicherheit müssen Unternehmen und deren verantwortliche Manager in der Lage sein, Situationen einzuschätzen und Pläne, Strukturen, Systeme und die Organisation anzupassen. Das und insbesondere die Einsicht in Fehlentscheidungen – so der Autor – scheint für viele der machtversessenen Führungskräfte schwierig zu sein. Die Geschichten von Rumsfeld und McNamara zeigen auf beeindruckende Weise die fatalen Entwicklungen. „ The key to learning from mistakes was not to stick blindly to the official chain of command but subvert it where necessary…” (S.78).
Ähnliches gilt für neue Technologien: Man kann sie nur bis zu einem gewissen Grad wirklich planen und sollte sich viel mehr auf Experimente einlassen (Bsp. Spitfire, S.80f). Die aus meiner Sicht interessanteste Erkenntnis wird im Kapitel 3 erläutert. Es werden zwei Selektionsmechanismen verglichen (NIH vs HHMI). Während das eine (NIH) Experten-basiert ist und auf erwartete Ergebnisse zielt, setzt das andere auf Unsicherheit und wählt Projekte nach Neuigkeit aus. Die Ergebnisse sind viel origineller und waren oft der Beginn neuer Forschungsrichtungen. Harford belegt damit, dass es nicht reicht, Fehler zu vermeiden. Für wirklich originelle Innovationen lassen sich Fehler nicht vermeiden (S. 103).
Diskussion: Harford hat dazu gelernt – inspiriert durch die Biologie und die Mechanismen der Evolution (und wohl auch beeinflusst durch die Finanzkrise und die bemitleidenswerten Deutungsversuche der Ökonomen) stellt er sein in vorangegangen Büchern vertieftes Mantra der ‚Ökonomen erklären mal wie die Welt funktioniert‘ selber in Frage. Das ist beeindruckend und lesenswert und sehr zu empfehlen, vorausgesetzt man möchte lernen und sich anpassen ohne zu verbiegen.
Bewertung: 5 von 5

Ron Adner: The wide lens (2012)

Inhalt: Es ist Adners Verdienst, Innovationen in einem größerem Kontext – dem Eco-system – zu betrachten. Übliche Ansätze setzen eher auf Verkürzung zwischen Kundenwünschen, Nachfrage, Markt, Nutzen, Risiko einerseits und dem Innovationsverhalten der Organisation andererseits. Das Ganze in einem größerem Kontext zu betrachten hat Vorteile z.B. die Vermeidung von Innovation Blind Spots (S.10). Leider erweitert Adner die Justierung der ,Linse` nur um zwei Segmente, nämlich die Co-Innovation (Wettbewerber und Substitute) und die Adoption Chain (andere Akteure), weitere wären denkbar: Technologie, Kunde, Geschäftsmodelle etc.
Diskussion: Das Buch ist gut zu lesen, macht Lust auf Innovationen, enthält viele Beispiele (zum Teil sehr – zu – ausführlich wie Michelin im Kap.1). Der Begriff Werkzeug mag etwas übertrieben sein für die vorgestellten Analyseinstrumente. Sei es drum, das Buch ist zu empfehlen, insbesondere denjenigen, die unter dem ,verengten Blick` (angelehnt an Rusts: Geist) leiden.
Etwas unpassend – aber das ist wohl dem amerikanischem Marketing geschuldet – empfinde ich dieses immer wiederkehrende Mantra des ,Man kann es schaffen, wenn man sich nur anstrengt und die richtige Strategie und Instrumente verwendet.`
Dann kann jeder innovativ und Innovationsführer sein. Das ist irreführend und in etwa so, wenn ich einem Nichtschwimmer erkläre, er (sie) könne Olympiasieger werden, wenn er sich nur richtig anstrenge und mit dem richtigen Trainer und Instrumenten arbeite. Innovationen sind immer mit Unsicherheit verbunden (S. 135: Every innovation effort will involve some uncertainty for both leaders and followers.“) und das ist gut so, sonst könnte es ja jeder.
Erfolgreiche Innovationen brauchen viel mehr, aber vor allem Passion und oft auch Glück.

Bewertung: 4 von 5

Arthur: The Nature of Technology (2009)

Inhalt: Technologien entstehen nicht einfach so. Es gibt eine zugrunde liegende Logik, die der Autor vorstellt und zu einer Theorie weiterentwickelt. Er geht der Frage nach, was genau ist es, was zu neuen Technologien führt. Wo die meisten Innovationsratgeber allgemein von Ideen sprechen und es im Wesentlichen um die Auswahl der attraktivsten Ideen geht, geht Arthur einen Schritt weiter. Er traut sich zu fragen, wie die ersten Schritte von Innovationen entstehen und vermeidet aber, in die Kreativitätstechnik-Schiene abzugleiten.
Diskussion: Eine intelligente Analyse der vielfältigen Wege der Technologie-Evolution: ‚The Nature of Technology‘. Jeder Innovationsmanager kann hiervon lernen. Arthur schreibt sehr verständlich und lässt Raum für eigene Gedanken. Ein Geheimtipp!
Bewertung: 5 von 5

Le Corre & Mischke: The Innovation Game (2005)

Inhalt: Der Innovationsprozess wird aus der Perspektive der Unternehmenssteuerung und des Finanzcontrollings betrachtet. Mit dem entwickelten und vorgestellten Filter soll es möglich sein, riskante Investments zu vermeiden oder zu managen – das soll das Game sein.
Diskussion: Die Darstellung ist auf so abstraktem Level, dass es ohne praktischen Nutzen ist. Das Modell ist eine akademische Übung ohne Bezug zur Realität. Schon die zu grunde liegende Annahme, aus statistisch bewerteten Daten das Risiko für anstehende Investments beurteilen zu können, ist falsch.
Bewertung: 1 von 5

Carlson & Wilmot: Innovation (2006)

Inhalt: Das Buch basiert auf dem (Manager)Wunsch, Innovationen systematisieren zu wollen, besser noch zu automatisieren und dann (per Knopfdruck) erzwingen zu können. ‚We required a blueprint for the „HOW“ of innovation and not just the „WHAT“ (S.14). Hinter dem Buch steht das Stanford Research Institut (SRI) und die Autoren sehen Innovationserfolg vor allem in der Exzellenz in den fünf Disziplinen: 1. Important Needs ; 2. Value creation ; 3. Value Creation ; 4. Innovation Teams ; 5. Organizational Alignment .
Diskussion: Auffällig an den Ausführungen ist der starke Kundenorientierung. Alles wird auf den Kundennutzen ausgerichtet. Diese einseitige Sichtweise macht stutzig, da SRI für sich in Anspruch nimmt, die Computermaus erfunden (zusammen mit PARC) und auf den Markt gebracht zu haben. Nun stelle man sich vor, wie in den Anfangsjahren der Computertechnik (ohne grafische Benutzeroberfläche) der Kundenwunsch nach der Computermaus entsteht ? Wenn SRI streng nach den fünf Diszilinen vorgegangen wäre, würde es heute keine Computermaus geben (bzw. dann wohl die nach der Idee von Telefunken). Dass der Kaninchenblick auf den Kunden nicht immer innovationsförderlich ist, hat auch Christensen mit ‚The Innovator’s Dilemma‘ eindrucksvoll dargelegt. Wo bleibt die Darstellung von Technologie-Pushs? Die Sichtweisen sind veraltet.
Bewertung: 2 von 5

Degraff & Quinn: Leading Innovation (2007)

Inhalt: Um die Wachstumsmaschine anzuwerfen wird ein 7-stufiger Prozess vorgeschlagen: Synthesize, Strategize, Sozialize, Supervise, Synchronize, Spezialize, Systemize. Das Verhalten einer Organisation lässt sich an Hand eines Genoms – des Innovation Genoms erklären. Ähnlich dem aus der Biologie bekannten Genen enthält das Innovation Genom angeblich alle Informationen.
Diskussion: Es ist eines der vielen Management Bücher die suggerieren, falls man die Zutaten und das Backrezept strikt befolgt wird alles gut werden. Der Prozess hat Konzeptcharekter und ist kaum überzeugend.
Bewertung: 2 von 5

Verburg, Ortt & Dicke: Managing Technology and Innovation (2006)

Inhalt: Das Buch gliedert sich in fünf Abschnitte / 18 Kapitel und beginnt thematisch mit gesellschaftlichen Perspektiven, greift dann die organisatorischen Aspekte auf und widmet sich letztlich ‚Dilemmas and Strategies‘. Nicht immer gelingt es Editoren ja, bei Beiträgen von mehreren Autoren das Thema widerspruchsfrei und auf gleichbleibend hohem Niveau zu behandeln. Verburg / Ortt und Dicke schaffen das jedoch in beeindruckender Weise. Man muss nicht mit allem einverstanden sein und es bleibt Raum für eine eigene Meinung – vor allem durch die Diskussionen der pros / cons bei vielen Theorien und Modellen (Bsp.: Kap. 7 Diskussion der S-Kurven Theorie).
Diskussion: Der Untertitel des Buches lautet: ‚An Introduction‘. Das ist weit untertrieben. Es werden viele Themen sehr tiefgründig behandelt und es ist eine Freude zu sehen, dass es zum Thema ‚Innovation‘ nicht nur Oberflächenerwärmung gibt.
Dass Holland und allen voran die Delft Universität führend in der Innovationsforschung ist, verwundert nicht. Das Buch jedenfalls hinterlässt den Eindruck, dass sie einfach einen Schritt weiter sind und Innovationen nicht auf Risikomanagement, Patente zählen und Kreativitätstechniken reduzieren.
Bewertung: 5 von 5

Maxwell: Managing Sustainable Innovation (2009)

Inhalt: Da wird das Innovationsfenster sehr weit aufgerissen. Einen ziemlichen Rundschlag legt der Autor vor und relativ schnell merkt man, dass er bei allen Themen nur recht oberflächlich bleiben kann. Einerseits geht es um das Management von Innovationen. Andererseits werden Innovationsfelder behandelt (Energie, Medizin, IT, Erneuerbare Energie), Länder (USA, China und Indien) werden beleuchtet und über Preise, Trigger und Technologien wird berichtet.
Diskussion: Eine Vorstellung vom Tiefgang und von der inhaltlichen Tragweite bekommt man vielleicht, wenn man sich verdeutlicht, dass in einem Buch über Innovationen Bilder vom iPhone (Wikipedia) dargestellt werden und viele, viele weitere Bilder über Stammzellen, Kindle usw. Sehr oberflächlich und zum Teil veraltet (Portfoliotechnik war in Zeiten stabiler Markt – und Technologieentwicklungen ausreichend ). Obwohl mit viel Buzzwords gespickt finden ‚Innovations-Einsteiger‘ hier vielleicht noch Ideen. Das m.E. zu sehr gestresste Wort ’sustainable‘ steht zwar im Titel, aber wohl nur weil es sich da gut macht. Im Buch ist nichts zu nachhaltigen Innovationen zu finden.
Bewertung: 2 von 5

Ormerod: Why most things fail (2005)

Inhalt: Das Grundprinzip der Ökonomie geht von einem Gleichgewichtszustand zwischen Angebot und Nachfrage und dem sich daraus ableitenden Preis aus. Es basiert auf den aus der Physik und den ‚exakten‘ Wissenschaften bekannten analytischen Instrumenten und mathematischen Werkzeugen. Der Autor legt sehr überzeugend dar, dass dieser Ansatz in einer sich permanent ändernden Welt ungeeignet ist (Finanzkrise!). Veränderungen sind in den herkömmlichen Gleichgewichtsmodellen ebenso wenig vorgesehen wie menschliche und technische Fehler (fail).
Diskussion: Eine gelungene Kritik an der modell-versessenen und empirie-lastigen Wirtschaftslehre. Ormerod begeistert durch viele gute Beispiele, Zitate und weiterführende Literaturhinweise ebenso wie durch klare Formulierungen und einen flüssigen Stil. Sehr empfehlenswert für alle, die Interesse an Wirtschaft haben und skeptisch gegenüber den komfortablen Wirtschaftstheorien sind.
Bewertung: 5